Jin*, Jîyan, Azadî / Zan*, Zendegi, Āzādi / Woman*, Life, Freedom / Frau*, Leben, Freiheit

Performances, Gespräch, Film, Konzert

Zum revolutionären Prozess gegen die Islamische Republik und zu der Rolle der Künste

Am 16. September 2022 wurde die 22-jährige Kurdin Jina (Mahsa) Amini von der sogenannten Sittenpolizei in Polizeigewahrsam in Teheran getötet. Seither wird im Staatsgebiet Iran gegen den Terror des Staats und für einen Regimewechsel protestiert. Im Zuge der Aufstände wurden bisher über 18.400 Menschen verhaftet und zahlreiche Protestierende misshandelt und gefoltert. Über 500 Menschen wurden getötet, darunter zahlreiche Kinder, Jugendliche und Studierende. Der ursprünglich aus der kurdischen Frauenbewegung stammende politische Slogan „Jin*, Jîyan, Azadî“ („Frau*, Leben, Freiheit“) steht im Zentrum der Aufstände, nun auch in der Übersetzung ins Persische: „زن*، زندگی، آزادی“. Er bildet die Basis für eine revolutionäre Bewegung, die vor allem von Frauen und Menschen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert werden, sowie von Kurd*innen, Lur*innen und Belutsch*innen und weiteren ethnischen Gruppen, Studierenden, Schüler*innen und streikenden Arbeiter*innen angeführt wird.

Das Programm aus Performances, Diskussionen, einem Konzert und einer Vorführung der interaktiven Filmdokumentation Big Village findet in Solidarität mit den andauernden Protesten statt. Die Eintrittserlöse und gesammelten Spendengelder gehen an das transnationale feministische Kollektiv Women* Life Freedom.

 

Programm

18 Uhr
Video/Performance to be, or to be von Anonym

Begrüßung durch Jeanine Meerapfel, Präsidentin der Akademie der Künste, Berlin

18.15 Uhr
Keynote von Ali Fathollah-Nejad

18.30 Uhr
Diskussion mit Maryam Aras, Sanaz Azimipour, Solîn Bayram, Ali Fathollah-Nejad und Omid Rezaee
Moderation: Johanna M. Keller

20.30 Uhr
Filmvorführung Big Village (Regie: Beri Shalmashi, Lyangelo Vasquez, 2020), präsentiert von Sham Jaff

21.15 Uhr
Poetische Intervention von Tanasgol Sabbagh

21.30 Uhr
Konzert von Kimia Bani, Nazanin Noori, Shabnam Parvaresh and Azin Zahedi

 

Teilnehmer*innen

Die Literaturkritikerin, Iranistin und freie Autorin Maryam Aras schreibt u. a. für Die Presse, die Berliner Zeitung und den Deutschlandfunk Kultur. Sie kuratiert und moderiert Literaturveranstaltungen, ist Jurymitglied verschiedener Literaturpreise (z.B. Preis der Leipziger Buchmesse) und arbeitet als Übersetzerin und Literaturvermittlerin persischsprachiger Lyrik und Prosa. Wissenschaftlich beschäftigt sie sich vor allem mit Postkolonialität, weiblichem Schreiben im Iran und Rezeptionsmustern von BPoC-Autor*innen in der deutschsprachigen Literaturkritik. Zur Zeit schreibt sie an einem Erzählband über die Biographie ihres Vaters, der seit den 1960er Jahren aus dem deutschen Exil erst gegen den letzten iranischen Schah, dann gegen die Diktatur der Islamischen Republik kämpfte.

Sanaz Azimipour ist Autorin, Aktivistin und Referentin und schreibt für verschiedene Medien über Bewegungen, soziale Gerechtigkeit und Feminismus. Für ihr Studium der Wirtschaftsmathematik, Logik und Genderstudies zog sie von Teheran, Iran, nach Deutschland. Sie ist Mitgründerin der migrantischen Selbstorganisation MigLoom e.V. sowie der Initiative „Nicht ohne uns 14%“, die politische Teilhabe von Migrant*innen der ersten Generationen fordert. Azimipour ist Teil des transnationalen „Woman* Life Freedom“-Kollektivs in Berlin.

Kimia Bani ist Musikerin und Dichterin und lebt seit 2018 in Deutschland. Sie studierte Dramaturgie und Darstellende Kunst sowie Theoretische Komposition. Sie ist seit 15 Jahren als Perkussionistin, Musiklehrerin und Komponistin tätig und hat mit internationalen Musikgruppen in Iran und in Deutschland Konzerte gespielt. Für Film und Fernsehen hat sie Musik produziert und komponiert. Mit vielen ihrer Aktivitäten unterstützt sie Frauen in der Musikszene und erweitert ihr Wissen über die Musikstile verschiedener Länder. Aktuell studiert sie den Master „musik.welt – Kulturelle Diversität in der Musikalischen Bildung“ an der Universität Hildesheim. 2021 erhielt sie den Tamburi Mundi Framedrum Award.

Solîn Bayram, politische Aktivistin und Feministin, arbeitet im Kurdischen Frauenbüro für Frieden CENÎ e.V.. Das Büro leistet seit 1999 Öffentlichkeits- und Informationsarbeit, um die internationale Solidarität von Frauen für Friedensprozesse in der Türkei und Kurdistan, im Mittleren Osten und weltweit zu stärken. Das Frauenbüro veranstaltet die jährlichen Zilan-Frauen-Festivals, initiiert Veranstaltungen, Projekte und Aktionen sowie Delegationsreisen nach Kurdistan. Außerdem gehört die transnationale Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Frauenorganisationen zu seinen Hauptaufgaben.

Dr. Ali Fathollah-Nejad ist freier Politologe mit den Schwerpunkten Naher/Mittlerer Osten (v.a. Iran), westliche Außenpolitik und post-unipolare Weltordnung. Nach der Promotion in Internationalen Beziehungen und Entwicklungsstudien an der SOAS (School of Oriental and African Studies, University of London), war er Postdoktorand im Iran-Projekt der Harvard Kennedy School. Er ist Autor von u.a. Iran in an Emerging New World Order: From Ahmadinejad to Rouhani (2021), The Politics of Culture in Times of Rapprochement: European Cultural and Academic Exchange with Iran (2015–16) (2020) und The Islamic Republic of Iran Four Decades On: The 2017/18 Protests Amid a Triple Crisis (2020), wo er bereits auf den Beginn eines langfristigen revolutionären Prozesses im Iran hindeutet. 

Sham Jaff ist Journalistin und Politikwissenschaftlerin. Sie ist geboren in Kurdistan, Irak, und aufgewachsen in Deutschland. Nach einem Studium der Politikwissenschaften und Ökonomie an der Universität Nürnberg-Erlangen startete sie 2014 den englischsprachigen Newsletter „What happened last week“, der von mehr als 15.000 Menschen aus mehr als 100 Ländern abonniert wurde. 2020 wurde Jaff für ihren Podcast „Wir schaffen das – Wie ein Satz Deutschland veränderte" für den CIVIS Audio Medienpreis nominiert, 2021 war sie Preisträgerin des Grimme Online Awards für ihren Podcast „190220 – Ein Jahr nach Hanau". Jaff lebt in Berlin.

Johanna M. Keller ist seit Oktober 2022 Programmbeauftragte der Akademie der Künste, Berlin. Zuvor war sie für das Goethe-Institut in Syrien, Litauen, Ägypten und Deutschland tätig. Als Leiterin des Goethe-Instituts Litauen (2010–2015) sowie als Leiterin der Kulturarbeit des Goethe-Instituts für die Region Nordafrika/Nahost mit Sitz in Kairo (2015–2018) initiierte und verantwortete sie zahlreiche spartenübergreifende Programme, bevor sie ab 2019 in der Zentrale in München einen Stabsbereich für Drittmittelmanagement aufbaute. Sie studierte Internationale Beziehungen in Dresden, Florenz, Berlin und Damaskus.

Nazanin Noori ist eine interdisziplinäre Künstlerin und lebt in Berlin. Ihr Werk umfasst Klangkunst, Installation, Theater- und Hörspielregie und Text. Noori befasst sich mit der Verschmelzung von Klang, Raum, Skulptur und postdramatischer Lyrik und konzentriert sich dabei auf atmosphärische Narrative. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt a.M. und arbeitete am Deutschen Theater, Berlin und Schauspiel Hannover. Ihr Debütalbum FARCE erschien 2020. 2021 war ihre Arbeit AMBIENT ROOM im EIGEN + ART Lab, 2022 die Installation APOLOGY in der Akademie der Künste zu sehen, wo sie 2020 das Berlin-Stipendium der JUNGEN AKADEMIE erhielt.

Die Klarinettistin, Künstlerin und Kuratorin Shabnam Parvaresh studierte Bildende Kunst und Klarinette zuerst in Teheran, ab 2013 studierte sie Jazz-Klarinette am Institut für Musik in Osnabrück. Parvaresh verbindet Elemente aus der persischen Musik mit elektronischen Sounds, improvisierter Musik und Jazz. 2020 gründete sie das Sheen Trio, dessen Debutalbum Gozar 2023 erscheint. Neben weiteren Engagements als Solo- oder Ensemblemusikerin ist sie als freischaffende Künstlerin aktiv und realisierte Soloausstellungen in Teheran, Osnabrück und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 2022 wurde sie für den Osnabrücker Kunstpreis nominiert. Seit diesem Jahr kuratiert sie außerdem die Konzertreihe „Klangfenster in der hase29“ für improvisierte Musik in Osnabrück.

Omid Rezaee ist Journalist und lebt in Hamburg. Er schreibt u.a. für die taz, DER SPIEGEL, Der Tagesspiegel und das nd über die Themen Iran, Migration und Exil. Rezaee begann bereits in der Schule mit dem Amateurjournalismus; während des Maschinenbaustudiums in Rascht (Iran) gründete er ein Magazin, das verboten wurde und zu seiner Verhaftung führte. Um der Haftstrafe zu entgehen floh Rezaee in den Irak. Seitdem berichtete er für die iranischen Exil-Medien in u.a. den Niederlanden, den USA und Großbritannien über die Lage im Nordirak und Kurdistan; seit 2015 setzt er diese Arbeit für verschiedene Nachrichtenmedien in Deutschland fort. Seit 2017 betreibt er seine eigene mehrsprachige Website perspective-iran.com. Aktuell schreibt er an seinem ersten Roman.

Tanasgol Sabbagh ist eine in Berlin lebende Dichterin. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen Stage Poetry und Page Poetry, in Form von Performances, Audiostücken, Videoinstallationen und musikalischen Kollaborationen. Sie ist Mitbegründerin des Künstler*innenkollektivs parallelgesellschaft und der gleichnamigen Veranstaltungsreihe, die politische Kunst abseits der deutschen Leitkultur präsentiert und verhandelt. Zusammen mit der Lyrikerin Josefine Berkholz ist sie Gründerin und Redakteurin des auditiven Literaturmagazin Stoff aus Luft, das als Podcast erscheint: Ein Format das gesprochene und klangbasierte Literatur in den Vordergrund stellt.

Azin Zahedi ist eine in Berlin lebende Musikerin. Als Flötistin und Santuristin hat sie in verschiedenen Orchestern und Projekten wie dem Babylon Orchestra, dem Ensemble Resonanz, den Berliner Symphonikern oder der Niederbayerischen Philharmonie in großen Konzertsälen in Deutschland gespielt. Die Multiinstrumentalistin ist Mitbegründerin des elektroakustischen Ensembles TEMBER, des Bläserquintetts SolhMiDo und der Alternative-Band Gorgyra. Nach ihrem Studium in Essen, Würzburg und Berlin war sie 2018-2019 Akademistin an der Komischen Oper Berlin. Zudem ist Zahedi sowohl an staatlichen Musikschulen als auch im Privatunterricht als Instrumentalpädagogin tätig.

Dienstag, 10.1.2023

18 Uhr

Hanseatenweg

Studio

Mit Maryam Aras, Sanaz Azimipour, Kimia Bani, Solîn Bayram, Dr. Ali Fathollah-Nejad, Sham Jaff, Johanna M. Keller, Nazanin Noori, Shabnam Parvaresh, Omid Rezaee, Tanasgol Sabbagh, Azin Zahedi

In deutscher und englischer Sprache 

€ 6/4